Kanzleialltag

Chancen ohne Risiko: Die Musterfeststellungsklage

Dimitrij Kamener | 08. August 2019

Mit Wirkung vom 01.11.2018 trat die in den §§ 606 ff. ZPO geregelte Muster­feststellungs­klage (MFK) in Kraft. Auslöser zur Einrichtung einer solchen Klage­möglichkeit war die hohe Anzahl an Geschädigten im Zuge des VW-Abgasskandals. Mit dieser Klage sollen die Rechte des einzelnen Verbrauchers gegenüber großen Firmen und Konzernen gestärkt werden. Denn oftmals schrecken Betroffene davor zurück, ihre Schadens­ersatz­ansprüche geltend zu machen. Sei es aufgrund von Gering­wertigkeit des Schadens oder aus Angst vor Prozess­risiken. Teilweise wird eine außer­gerichtliche Geltend­machung angestrebt. Diese bleibt jedoch in vielen Fällen erfolglos. Die Konzerne, die über erhebliche finanzielle Ressourcen verfügen, gehen das Risiko ein und kommen trotz vieler Verstöße ungeschoren davon.


Chancen ohne Risiko:­­ Die Muster­­feststellungs­­klage

 

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Gerichtsgebäude

 

Mit Wirkung vom 01.11.2018 trat die in den §§ 606 ff. ZPO geregelte Muster­feststellungs­klage (MFK) in Kraft. Auslöser zur Einrichtung einer solchen Klage­möglichkeit war die hohe Anzahl an Geschädigten im Zuge des VW-Abgasskandals. Mit dieser Klage sollen die Rechte des einzelnen Verbrauchers gegenüber großen Firmen und Konzernen gestärkt werden. Denn oftmals schrecken Betroffene davor zurück, ihre Schadens­ersatz­ansprüche geltend zu machen. Sei es aufgrund von Gering­wertigkeit des Schadens oder aus Angst vor Prozess­risiken. Teilweise wird eine außer­gerichtliche Geltend­machung angestrebt. Diese bleibt jedoch in vielen Fällen erfolglos. Die Konzerne, die über erhebliche finanzielle Ressourcen verfügen, gehen das Risiko ein und kommen trotz vieler Verstöße ungeschoren davon.

 

Genau hier kommt die neue Musterfeststellungsklage ins Spiel. Verbraucher, also natürliche Personen, die beim Anspruchserwerb oder der Begründung des Rechts­verhältnisses überwiegend privat handeln (§ 29c Abs. 2 ZPO) – also nicht im Rahmen ihrer gewerblichen oder selbst­ständigen beruflichen Tätigkeit – können sich in das Klage­register am zuständigen Ober­landes­gericht für eine MFK eintragen.

 

Eine für Alle  - Die MusterfeststellungsklageAbbildung 1 Muster­feststellungs­klage; Quelle: in Anlehnung an Grafik Verbraucher­zentrale Bundes­verband "Eine für Alle  - Die Musterfeststellungsklage"[1]

 

 

 

Klagebefugnis

 

Klagebefugt im Sinne des neuen § 606 ZPO sind sog. qualifizierte Einrichtungen. Das sind rechtsfähige Vereine, die die Interessen der Verbraucher wahrnehmen und dabei nicht gewerblich handeln. Sie müssen als Mitglieder aus mindestens zehn Verbänden des gleichen Aufgaben­bereichs tätig sein oder aus mindestens 350 natürlichen Personen bestehen. Die von den Verbänden erhobenen MFK dürfen nicht der Gewinner­zielung dienen und die Verbände dürfen nicht mehr als 5% ihrer finanziellen Mittel durch Fremd­zuwendungen beziehen. Letzteres soll die unerlaubte Einfluss­nahme von Konkurrenten verhindern.

 

Auswirkungen auf den Verbraucher

 

Betroffene, wie beispielsweise hunderttausende Autokäufer, tragen sich ohne finanziellen Aufwand und ohne Anwaltszwang in das Klageregister ein. Die Verjährung der Schadenersatz­ansprüche, nämlich drei Jahre nach Bekanntwerden, wird damit gehemmt. Durch die Eintragung entsteht keinerlei Prozessrisiko für den Verbraucher. Bei einem Obsiegen im Musterfeststellungsverfahren kann bzw. muss der Verbraucher dann individuell klagen, um seinen Anspruch auf Schadensersatz durchsetzen zu können. Im Falle eines Vergleichs zwischen dem Verband und dem/r Beklagten stehen dem Verbraucher zwei verschiedene Optionen zur Verfügung: Entweder er akzeptiert den erstrittenen Vergleich oder er geht individuell, und damit allerdings prozess­risiko­behaftet, gegen die/den Beklagte/n vor.

 

Eine Vollstreckung aus dem Muster­feststellungs­urteil ist jedoch nur für die klagenden Verbände möglich. Der Klageweg bleibt den Geschädigten letztlich nicht erspart.

 

Fazit

 

Grundsätzlich stellt die MFK zunächst fest, ob ein Schaden­ersatz­anspruch des Betroffenen besteht. Zur Bestimmung der Schaden­höhe und zur Durchsetzung des Anspruchs muss dann erneut geklagt werden. Ein Nachteil ist, dass vom Zeitpunkt der Eintragung bis zur endgültigen Zahlung des Schadens­ersatzes viel Zeit vergehen kann. Im Gegenzug haben die Kläger allerdings eine große Chance den Prozess zu gewinnen, ohne ein entsprechendes Risiko tragen zu müssen.

 

Sammelklagen wie in den USA, die den Klägern einen unmittelbaren Anspruch gewähren, gibt es in Deutsch­land vorerst nicht. Die MFK ist aber eine Alter­native mit guten Chancen, bei der die Kläger im Endeffekt nichts zu verlieren haben.

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