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Wer kennt es nicht: Mehrmals wöchentlich tätigen wir alle sogenannte Fernabsatzgeschäfte, sei es das Bestellen eines neuen T-Shirts oder Buches oder gar das Bestellen von Lebensmitteln über das Internet.
Gerade auch das Corona-Virus hat die Menschen ein Stück weit mehr ‚digitalisiert‘. Eine E-Commerce-Studie im Auftrag von Mastercard, die im Mai letzten Jahres veröffentlich wurde, hat belegt, dass seit Beginn der aktuellen Kontaktbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Deutschen mehr online einkauft als je zuvor.
All diese Kaufverträge, die wir über das Internet, per E-Mail, usw. abschließen, nennt man Fernabsatzgeschäfte.
Wie definiert sich ein Fernabsatzgeschäft?
Das Gesetz definiert das Fernabsatzgeschäft in § 312 b BGB als alle Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die zwischen Unternehmern (§ 14 BGB) und Verbrauchern (§ 13 BGB) unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden. Fernkommunikationsmittel sind u. a. E-Mail, Telefonanrufe, Faxe, Briefe, usw.
Hierbei gibt es jedoch zum Schutz des Verbrauchers eine besondere Regelung, nämlich dass der Verbraucher bei einem elektronischen Abschluss eines Vertrags, also eines Fernabsatzgeschäftes, über sein Widerrufrecht belehrt werden muss.
Eine Widerrufsbelehrung ist die gesetzlich vorgesehene Belehrung eines Widerrufsberechtigten, in dem vorliegenden Fall des Verbrauchers, über sein Widerrufsrecht, vereinfacht gesagt, das Recht, den abgeschlossenen Vertrag zu widerrufen.
Allerdings ist nicht nur die ‚Konsum-Branche‘von der schnell voranschreitenden Digitalisierung geprägt. Die Dienstleistungsbranchen, wie zum Beispiel der Anwaltsmarkt, sind mindestens genau so sehr wie die Konsumgüter-Branche betroffen.
War das persönliche Erstgespräch mit einem Juristen vor dessen Beauftragung vor ein paar Jahren noch zwingend notwendig, so gibt es mittlerweile immer mehr Kanzleien, die explizit damit werben, dass es für den ‚Verbraucher‘ nicht mehr notwendig sei, den Rechtsanwalt vor dessen Beauftragung persönlich aufzusuchen.
Darüber hinausgehend werden auch immer mehr Mandate durch Verbraucher ohne diesen persönlichen Kontakt erteilt und auch inhaltlich geführt.
Dies betrifft bei weitem nicht mehr nur Mandate in Verfahren wegen Verkehrs-Ordnungswidrigkeiten, Verfahren im Dieselskandal oder in Bezug auf Darlehens- und Lebensversicherungsverträge, die bestimmte Kanzleien in großer Zahl ausschließlich über das Internet akquiriert haben.
Auch in anderen Rechtsgebieten nimmt diese Form der anwaltlichen Mandatierung zu.
Im Zuge dieser Entwicklung, dass die Mandatierung von Rechtsanwälten in elektronischer und nicht mehr persönlicher Form erfolgt, kam die Frage auf, inwieweit hier dem Verbraucher ein Widerrufsrecht für einen solchen Anwaltsvertrag zustünde.
In seinem Urteil vom 23.11.2017 (Az.: IX ZR 204/16) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein derartiger Anwaltsvertrag als Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 c BGB zu werten sei. Denn für den Vertragsabschluss sowie die sich anschließenden Vertragsverhandlungen seien ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet worden.
Wie können Sie als Kanzlei sich also vor einem Widerruf durch einen Mandanten, der Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist, schützen?
Achten Sie zunächst darauf, dass Sie Ihren Mandanten unmittelbar nach Mandatierung vollumfänglich über sein Widerrufsrecht belehren.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den Sie beachten sollten, ist die Widerrufsfrist.
Der Widerruf selbst ist in den §§ 355-359 BGB geregelt.
Die Widerrufsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 2 BGB zwei Wochen.
Folgende Voraussetzungen müssen jedoch erfüllt sein, damit die Widerrufsfrist von zwei Wochen zu laufen beginnt:
Gemäß § 312 d II BGB muss der Unternehmer (hier: der Rechtsanwalt) gemäß § 312 c II BGB bestimmte Informationspflichten einhalten. Zu den besagten Informationen gehören bspw. Identität des Unternehmens, Adresse, usw. (Art. 246 Abs. 1 Einführungsgesetz BGB)
Kommt der Unternehmer oder in unserem Fall der Rechtsanwalt dieser Informationspflicht nicht nach, so beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen.
Die Informationen sind durch Sie als Rechtsanwalt spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrages, bei Waren spätestens bei Lieferung an den Verbraucher, in Textform mitzuteilen.
Wenn Sie die vorgenannten Aspekte berücksichtigen, können Sie wirksame Anwaltsverträge mit potentiellen Mandanten auch ohne persönlichen Kontakt, also vollständig ‚digital‘, abschließen.
Unser Support-Team steht Ihnen telefonisch oder per Mail zur Verfügung. Vielleicht finden Sie Ihre Antwort auch schon im folgenden Bereich: